U-Boot-Komponenten aus 3D-Druckern gehen in Serie
24.07.2020 I Vera Schmies
Industrielle Bauteile aus hochmodernen 3D-Druckern haben entscheidende Vorteile gegenüber herkömmlich produzierten Komponenten. Mit dem Aufbau eines eigenen Spezialisten-Teams für die additive Fertigung verfolgen die Marine-Experten von thyssenkrupp in Kiel nun ein großes Ziel: die schnelle und kosteneffektive Serien-Produktion von 3D-gedruckten U-Boot-Komponenten an der heimischen Förde.
thyssenkrupp Marine Systems plant bei der Herstellung von U-Boot-Teilen verstärkt 3D-Drucker einzusetzen. Denn im Vergleich zu konventionell gefertigten Komponenten bieten die Bauteile aus dem 3D-Drucker entscheidende Vorteile, erklärt Dr. Luis Alejandro Orellano, COO von thyssenkrupp Marine Systems: „Der 3D-Druck eröffnet uns neue Potenziale. Bei der Konstruktion müssen wir nicht mehr überall die Grenzen herkömmlicher Fertigungsverfahren berücksichtigen.“
Weniger Gewicht, dabei schnell und flexibel
Gleichzeitig können die Komponenten dank der „additiven Fertigung“, wie der 3D-Druck in der Industrie genannt wird, schneller und kostengünstiger hergestellt werden. Zusätzlich ermöglichen die Drucker komplexere Strukturen, die gleichzeitig robuster, stabiler und leichter sind als Bauteile, die mit herkömmlichen Methoden hergestellt werden. Neben herkömmlichen Prozessschritten, wie dem Werkzeug- oder Formenbau, entfällt so auch die Fertigung vieler kleiner Elemente, die einzeln montiert werden müssen.
Bereits heute werden Standardteile aus dem 3D-Drucker in U-Booten eingebaut, wie z.B. Kunststoff-Bündelhalter für Rohre. Genauso wie gedruckte Bauteile aus Stahl – zum Beispiel den Gehäusedeckel einer Entlüftung.
Durch die Verwendung eines 3D-Druckers können vor allem Produktionskosten für komplexe Komponenten mit niedriger Stückzahl gesenkt werden. Zur Herstellung eines Hydraulikblocks für ein U-Boot können beispielsweise 83 Prozent des Gewichts eingespart werden – von 14 auf 2,1 Kilogramm. Das bedeutet nicht nur mehr Freiheit in der Nutzung des Bauraums eines U-Bootes, sondern auch für die Mitarbeitenden in der Fertigung eine Erleichterung ihres Arbeitsalltags.
Innovative Produktionskompetenz
Durch den Erwerb des thyssenkrupp TechCenters Additive Manufacturing in Mülheim an der Ruhr, wird die erforderliche Technologie und Kompetenz für die innovative Produktion nun auch an die Kieler Förde zu thyssenkrupp Marine Systems kommen. Die entsprechenden Qualitäts- und Sicherheitszulassungen für die Serien-Produktion liegen bereits vor, so Dr. Luis Alejandro Orellano: „Das nötige Know-how und die Ausrüstung, die wir in Kiel mitbringen, ist die Voraussetzung dafür, dass wir in Zukunft auch kleinere Chargen schnell und einfach in Serie fertigen können.“
Im Mai 2020 wurde das ehemalige Mühlheimer TechCenter bereits in das Marinegeschäft von thyssenkrupp integriert. Voraussichtlich soll Anfang des Jahres 2021 auch der Umzug der Anlagen abgeschlossen sein. Neben den bereits bestehenden 3D-Druckern werden die Anlagen in Kiel dann um Metalldrucker für die Produktion von Stahlkomponenten ergänzt.
Eine einzigartige Produktionskompetenz, die ein hohes Maß an Qualität, etwa hinsichtlich Klimatisierung, Räumlichkeiten und Sicherheitsvorkehrungen erfordert.
Blick in die Zukunft
Im Sommer 2019 erhielt das thyssenkrupp TechCenter Additive Manufacturing als weltweit erster Hersteller von 3D-gedruckten Komponenten für maritime Anwendungen die Herstellerzulassung der renommierten Klassifikationsgesellschaft DNV GL. Ein Qualitäts-Standard, auf den die Experten in Kiel nun aufbauen können. Das Zertifikat garantiert die Materialeigenschaften des fertigen Bauteils nach festgelegten Normen, die von unabhängigen Prüfstellen ausgegeben werden. Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur serienmäßigen Produktion – denn die Materialien, die in den Kieler U-Booten verbaut werden, haben einen hohen Anspruch an Qualität.
Zukünftig plant thyssenkrupp Marine Systems den Einsatz von 3D-Druckern vor allem bei der Herstellung der Teile, die in kleinen Chargen für ein U-Boot benötigt werden. Dabei wird sich das Unternehmen nicht nur auf Komponenten für Neubauten, sondern auch auf die Ersatzteilfertigung konzentrieren, um ihren Kunden im Service weitere Optionen bieten zu können.