Smart Storage: Wie funktionieren eigentlich Energiespeicher?
Um die Energiewende zu unterstützen, setzt thyssenkrupp auf das Power-Paar Redox-Flow und Power-to-Gas
Es ist eine der großen Herausforderungen der Energiewende: Wie kann regenerative Energie aus Solar- oder Windkraftanlagen für Zeiten gespeichert werden, in denen einmal nicht die Sonne scheint oder kein Wind weht? Sonne und Strom richten sich nicht nach der aktuellen Nachfrage: Um dennoch eine nachhaltige Versorgung sicherzustellen, werden Speichertechnologien benötigt, die das Netz im Gleichgewicht halten.
Weltweit haben vorhandene Technologien wie Pumpspeicherkraftwerke oder Druckluftspeicher aktuell eine Speicherleistung von etwa 100 Gigawatt. Doch der Bedarf wächst. Die heute zur Verfügung stehenden Leistungen werden bei einem weiteren Ausbau der regenerativen Energien nicht ausreichen: Laut einer Studie der Boston Consulting Group wird der weltweite Bedarf bis zum Jahr 2030 auf rund 430 Gigawatt ansteigen.
thyssenkrupp reagiert auf diesen wachsenden Markt gleich zweifach: durch die Weiterentwicklung der sogenannten Redox-Flow-Speichertechnik und durch kontinuierliche Forschung an einem Elektrolyseverfahren zur Erzeugung von Wasserstoff als Basis für die Power-to-Gas-Technologie.
Power-to-Gas: Wind und Sonne in Erdgas speichern
Doch was verbirgt sich hinter diesen Konzepten? Mit der Power-to-Gas-Technologie kann überschüssiger Strom aus erneuerbaren Energien in Wasserstoff und in einem zweiten Schritt in synthetisches Erdgas umgewandelt und in das vorhandene Erdgasnetz eingespeist werden. Der Clou dabei: Regenerativer Strom steht auch in größeren Mengen und für längere Zeit in Form von chemischer Energie zur Verfügung. Anwendungsfelder und Nutzungspfade der Power-to-Gas-Technologie sind dabei vielfältig.
Anwendungsfelder der Power-to-Gas-Technologie (Quelle: dena – Deutsche Energie-Agentur / www.powertogas.info)
Basis aller Power-to-Gas-Konzepte ist die Elektrolyse von Wasser. Bei der Elektrolyse wird durch Zufuhr von Strom Wasser in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff gespalten. Der erzeugte Wasserstoff kann entweder direkt in das Erdgasnetz eingespeist oder aber unter Zufuhr von CO2 zu synthetischem Methan umgewandelt werden.
Um den Wirkungsgrad der Wasserelektrolyse zukünftig auf bis zu 80 Prozent zu erhöhen und ihre Wirtschaftlichkeit zu steigern, setzen die Forscher von thyssenkrupp auf eine eigene Lösung: Sie basiert auf der selbst entwickelten und etablierten Chloralkali-Elektrolyse. Seit 2013 werden Forschung und Entwicklung in diesem Bereich vorangetrieben. Eine erste Anlage im Labormaßstab gibt es bereits – sie steht im Technikum Gersthofen bei Augsburg.
Redox-Flow: Eine Batterie mit Potenzial?
Im Gegensatz zu Power-to-Gas-Konzepten, mit deren Hilfe Strom in großen Mengen über längere Zeiträume gespeichert werden kann, eignet sich die sogenannte Redox-Flow-Batterie dazu, Stromspitzen von einigen Stunden abzufangen.
Bei Redox-Flow-Batterien wird Strom als chemische Energie in zwei großen Tanks gespeichert, in denen Salze in anorganischen Flüssigkeiten gelöst sind. Je größer die Tanks sind, desto mehr Energie können sie aufnehmen. Beide Tanks sind über Rohrleitungen und Pumpen mit elektrochemischen Zellen („Zellstacks“) verbunden. Durch elektrische Impulse wird die Wertigkeit der Ionen in den Elektrolyten verändert – die Flüssigkeiten nehmen Energie auf.
Wie in jeder anderen Batterie auch, wird auf diese Weise elektrische in elektrochemische Energie umgewandelt. Durch die Redox-Flow-Technik können dabei bis zu 80 Prozent des eingespeisten Stroms wieder entnommen werden – im Vergleich zu vielen anderen Speichertechniken ein beachtlicher Wirkungsgrad. Darüber hinaus sind Speichersysteme auf Basis von Redox-Flow bezüglich Leistung und Kapazität separat skalierbar, modular und nicht an geografische Gegebenheiten gebunden. Sie können praktisch überall zum Einsatz kommen.
Industrieller Speicher mit 200 Megawattstunden geplant
Noch ist die neue Redox-Flow-Batterietechnologie im großtechnischen Maßstab in der Entwicklung. 2012 haben Experten von thyssenkrupp eine erste Zelle im Labormaßstab entwickelt, die im Technikum des Energie-Forschungszentrums Niedersachsen (EFZN) erfolgreich betrieben wird. Eine modifizierte Zelle mit einer größeren aktiven Zellfläche geht in Kürze am Forschungs- und Entwicklungsstandort von thyssenkrupp Industrial Solutions in Ennigerloh in den Dauertestbetrieb.
Mit Blick auf die Zukunft denkt thyssenkrupp bei Forschung und Entwicklung in großen Dimensionen: Ziel ist die Implementierung eines ersten industriellen Speichers mit einer Kapazität von zunächst bis zu 200 Megawattstunden. Was die Skalierbarkeit von Kapazität und Leistung angeht, ist damit das Ende der Fahnenstange aber bei weitem noch nicht erreicht.