Detektivarbeit in Sachen Erz und Eisen
Früh übt sich: Schon während ihrer Zeit an der Universität hat Dr. Alexandra Hirsch Kontakt zur Industrie aufgebaut. So war sie bereits als wissenschaftliche Mitarbeiterin mit Projekten von thyssenkrupp vertraut und startete nach ihrer Promotion als Projektingenieurin im Unternehmen weiter durch. Noch heute – in ihrer Position als Teamkoordinatorin bei thyssenkrupp Steel Europe – hat Alexandra Bezug zum Engineering.
Darüber ist sie sehr froh. Denn in dem Bereich tut sich derzeit viel: Die Digitalisierung schreitet voran. Sie ist geprägt von einem guten Zusammenspiel zwischen Mensch und Maschine. Und auch der Drang, nachhaltiger zu werden, treibt Alexandra an. Was ihre Arbeit ausmacht und warum thyssenkrupp umweltfreundlicher ist, als manch jemand denkt, erzählt sie im Interview.
Was ist deine Hauptaufgabe bei thyssenkrupp?
„Bei mir in der Abteilung ist der Name Programm. Wir heißen „Technologie Erz & Eisen“. Der Hintergrund: Für die Stahlherstellung werden riesige Mengen an Eisenträgern wie Feinerze, Stückerze oder Pellets benötigt. Wir reden hier von 13 bis 14 Millionen Tonnen pro Jahr. Das Team, das ich koordiniere, prüft diese Massenrohstoffe. Wir heben den Finger, wenn sie nicht der Qualität entsprechen, die wir eigentlich eingekauft haben. Um die Rohstoffe zu prüfen, führen wir metallurgische und physikalische Untersuchungen durch. Im Fall von Qualitätsabweichungen erforschen wir mögliche Gründe. Es macht total Spaß, so einer Detektivarbeit nachzugehen. Qualitätssicherung geht auch immer mit Reklamationen einher. Deshalb unterstützen wir die Kolleg:innen vom Rohstoffeinkauf ebenso dabei.“
Als Ingenieurin hast du deine Karriere bei thyssenkrupp gestartet. Hat deine Arbeit heute auch noch etwas mit Engineering zu tun?
„Ja, ein Glück! Für unsere Sinteranlage, also die Anlage, in der Feinerz zu stückigem Sinter verarbeitet wird, prüfen wir derzeit eine neue Messtechnik zur Online-Analyse der Korngrößenverteilung. Mit Hilfe eines Messstabes, der an einer Bandübergabe in den Sinterstrom ragt, kann allein anhand der Akustik der Kornaufbau des Sinters bestimmt werden. Denn kleinere Körner erzeugen andere Geräusche, wenn sie auf den Messstab treffen als größere. Bislang haben wir den Kornaufbau mit Hilfe einer Sammelprobe einmal täglich durch Sieben bestimmt. Der Nachteil ist: Das ist immer nur die Probe eines bestimmten Zeitpunktes. Schwankungen über den Tag lassen sich darüber nicht erkennen. Ganz anders ist es bei dem neuen Messstab. Mit ihm können wir durchgängig den Kornaufbau bestimmen. Anhand dessen lässt sich online erkennen, wie fein bzw. grob die Körner der Sinter sind. Das ist viel genauer und bietet ein hohes Potential an Prozessoptimierung.“
Woran merkst du, dass sich bei thyssenkrupp etwas verändert?
„Definitiv am Engineering. Da fließt immer stärker die Digitalisierung ein. Hierbei kommt es auf ein gutes Zusammenspiel zwischen Mensch und Maschine an. Klar ist, das Denken und die Interpretation bleiben beim Menschen. Aber Routine-Untersuchungen können auch Maschinen übernehmen – und zwar sehr genau und fehlerfrei. Darüber hinaus merke ich, dass der Faktor Nachhaltigkeit bei uns immer wichtiger wird. In den Produktionsbetrieben prüfen wir zunehmend, wo wir uns noch verbessern können. Das Recycling und die Verwertung von Reststoffen sind dabei speziell bei uns in der Abteilung wichtige Komponenten.“
Was erwarten die Wenigsten von thyssenkrupp?
„Wir sind eine sehr umweltbewusste Unternehmensgruppe. Ich glaube, das sehen die Wenigsten. Oft werden gerade wir von thyssenkrupp Steel bloß als CO2-Emittenten bezeichnet. Ja, es stimmt, wir emittieren. Aber wir setzen zurzeit alles darauf, Emissionen zu senken und klimaneutral zu werden. Im weltweiten Vergleich haben wir schon jetzt ein Niveau erreicht, das lobenswert ist. Und wir haben einen großen Hebel, um etwas zu bewirken. Bis 2030 wollen wir unsere Emissionen mithilfe von Wasserstoff um 30 % reduzieren und bis 2050 komplett klimaneutral sein. Aktuell treiben wir nichts Geringeres als eine komplette Transformation hin zur klimaneutralen Stahlproduktion an.“