Das historische U-Boot U995 ist nicht nur ein Relikt des Zweiten Weltkriegs, sondern auch ein wertvolles Mahnmal, das jährlich rund 350.000 Besucher am Strand der Kieler Förde beeindruckt. Seit dem Stapellauf im Juli 1943 diente das U-Boot im Krieg, bevor es später in Norwegen beschlagnahmt und als Ausbildungsboot eingesetzt wurde. Seit 1972 liegt es als Technisches Museum in Laboe und erinnert als Symbol für die Schrecken des Seekriegs an die Vergangenheit. Die Instandhaltung und der Erhalt dieses bedeutenden Denkmals sind eine Herausforderung, der sich auch die Auszubildenden von thyssenkrupp Marine Systems in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Marinebund und dem Freundeskreis U995 widmen.
Für die Instandsetzung des U-Bootes ist der Deutsche Marinebund als Betreiber verantwortlich. Eine dauerhafte Herausforderung: Es ist wie Wäsche waschen, es hört nicht auf. Da das U-Boot direkt am Strand der Kieler Förde liegt und dem salzigen Seewasser und den wechselnden Wetterbedingungen ausgesetzt ist, besteht die Gefahr von Korrosionsschäden. „Stahl und Salzwasser vertragen sich nicht besonders gut“, weiß Finn-Oliver zu berichten. „Ohne die entsprechenden Maßnahmen würde das U-Boot wegrosten“. Der 23-Jährige muss es wissen. Er ist einer der Azubis von thyssenkrupp Marine Systems, die sich U995 widmen.
Um das U-Boot weitgehend in den ursprünglichen Originalzustand zu versetzen, wandte sich der Verband an die U-Boot-Spezialist:innen von thyssenkrupp Marine Systems – und stieß auf offene Ohren. Seit Herbst 2022 übernehmen sie umfangreiche Arbeiten, um das Boot originalgetreu zu restaurieren.
Ausbildungsleiter Cem Selvi zögerte keine Sekunde, erinnert sich Finn: „Ihm war sofort klar: Wenn es um U-Boote geht, dann sind wir der perfekte Partner“. Unter der Federführung von Cem Selvi entstand so ein spannendes Azubi-Projekt, bei dem die Auszubildenden aktiv und Teil der deutschen U-Boot-Geschichte werden konnten.
Im Fokus der Arbeiten steht für die Auszubildenden die originalgetreue Restaurierung des Turms des rund 67 Meter langen U-Bootes. Weil das Unterseeboot „entmilitarisiert“ wurde, beschränken sich die Azubis auf die Optik des Turms - Elektronik und Funkanlage etwa sind nicht mehr funktionsfähig. „Wir kümmern uns in erster Linie um Antennen und die Funkanlage und passen diese so an, dass sie optisch dem Original entsprechen“, so der Duale Mechatronik-Student.
Dabei ist die Arbeit nicht immer einfach. Denn die Erwartungen sind hoch. „Viele der Besucher:innen des Museumsschiffes sind echte Expert:innen, die nicht zuletzt anhand alter Fotos genau erkennen, wenn etwas nicht dem Originalzustand entspricht. Gleichzeitig ist die Informationslage nicht immer ganz so klar und einfach.“ Deshalb bemühten sich die Azubis um Originaldokumente: Vom Deutschen Marinebund, aber auch von Blohm + Voss, der Werft, die das U-Boot Anfang der 1940er Jahre baute, erhielten die Auszubildenden dringend benötigte Unterlagen. Heute liegen den Azubis sogar die Originalzeichnungen aus dem 1940er Jahren vor.
Bei den diffizilen Arbeiten können sich die Azubis der Unterstützung von Ausbildungsleiter Cem Selvi und thyssenkrupp Marine Systems sicher sein. „Egal ob Werkzeuge oder Materialien: Wir haben alles zur Verfügung, was wir brauchen“, so Finn.
Die Arbeiten sind nicht nur eine technische Herausforderung, sondern auch eine wertvolle Lernerfahrung für die beteiligten Auszubildenden. Damit auch handwerklich alles perfekt abgearbeitet wird, arbeiteten die Auszubildenden stets unter fachkundigen Aufsicht von Michael Schenk. Der gelernte Schiffbauer vermittelt sein Wissen und Können seit vielen Jahren mit Herzblut an die jungen Schiffbauer.
„Unsere Auszubildenden nehmen bei so einem Projekt eine Menge mit und erlernen eigenständiges und kundenorientiertes Denken, Zeit- und Projektmanagement.“ Die Lernkurve ist dabei umso größer, wenn mal etwas nicht klappt, ist Cem überzeugt: „Manchmal haut was nicht hin oder man kommt mit den Kosten nicht hin. Dann muss nachjustiert und nicht selten auch nachverhandelt werden. Doch das bringt die eigenen Skills und die Persönlichkeit nach vorn“.
Für Finn zeigt die große Unterstützung seines Arbeitgebers auch eine außergewöhnliche Wertschätzung und ein riesiges, nicht alltägliches Vertrauen in die eigenen Auszubildenden. Welcher Azubi kann schon von sich behaupten, Teil der deutschen U-Boot-Geschichte zu sein?