Pimp my Kart: thyssenkrupp Studierende entwickeln Hybrid-Kart
Wenn Studierende mit ihrem Dozenten Kart fahren gehen, dann hört sich das schon einmal nach einem wirklich coolen Dozenten und einer Menge Spaß an.
Manchmal kehren die Studentinnen und Studenten jedoch auch mit einer echt guten Idee zurück. So geschehen im Rahmen eines Praxis-Projektes an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Karlsruhe. Mittendrin: Sechs unserer dual Studierenden von thyssenkrupp System Engineering.
Frederik Veith, Maximilian Scholer, Philip Thewes, Marco Klesen, Jakob Wagner und Nils Meyer hatten bislang keine Berührungspunkte mit dem Kartsport. Auf ihren Praxis-Exkursionen auf die Kartbahn machten sie jedoch eine Entdeckung, die sie fortan nicht mehr los ließ: Die klassischen Karts mit Verbrennungsmotor haben im Vergleich zu modernen Elektro-Karts nämlich einen großen Nachteil: „Aus der Kurve heraus beschleunigen Verbrenner deutlich langsamer als moderne Elektro-Karts“, erklärt Maximilian. „Denn Elektromotoren haben eine ganz andere Drehmomentkurve. Anders als bei Verbrennungsmotoren, die eine bestimmte Drehzahl benötigen, liegt das maximale Drehmoment bei E-Motoren direkt an“, so der 24-Jährige. Bedeutet: Während Verbrenner-Karts also erstmal auf Touren kommen müssen, um Drehmoment aufzubauen, preschen E-Karts schon bei geringen Drehzahlen mit dem maximalen Drehmoment und damit deutlich fixer durch die Kurve.
Hybrid-Upgrade-Kit für noch mehr Effizienz – oder Fahrspaß
Und so entstand die Idee für ihr Praxis-Projekt an der Hochschule: Ein Hybrid-Upgrade-Kit zu entwickeln, mit dem herkömmliche Verbrenner-Karts aufgewertet und modernisiert werden können. Hybrid-Karts, so der Gedanke, sollten das Beste aus zwei Welten vereinbaren: Den Sound und den Geruch der klassischen Verbrenner und einen E-Motor, um den Verbrenner im unteren Drehzahlbereich zu unterstützen. Gesagt, getan: Für ihr Projekt besorgten sich die sechs ein gebrauchtes Kart und legten los.
„Am Anfang stand die Frage nach dem Antriebskonzept: Hybrid-Radnabenmotor, Axle Split, serieller Hybrid oder doch paralleler Hybrid?“, berichtet Nils. „Wir haben uns dann aber schnell für die parallele Struktur entschieden, weil sich die durchgehende Antriebsachse des Karts dafür einfach angeboten hat“, so der 21-Jährige. Bei diesem Setup können beide Antriebe, also der herkömmliche Verbrennungsmotor und der E-Antrieb, sowohl allein als auch überlagernd auf den Antriebsstrang wirken. Mit diesem Setup konnten die jungen Tüftler eine Effizienzsteigerung und alternativ eine Boost-Funktion realisieren: Je nach gewähltem Programm kann der Elektro-Boost auf Knopfdruck am Lenkrad oder bei jedem Beschleunigungsvorgang ausgelöst werden.
Tatkräftige Unterstützung von der DHBW und thyssenkrupp
In insgesamt über 1.100 Arbeitsstunden kümmerten sich Frederik, Maximilian, Philip, Marco, Jakob und Nils um alles selbst: Vom Konzept und der Konstruktion, über die Programmierung und Sensorik bis hin zum Bau des „AccelErateS+“ genannten Upgrade-Kits. Die benötigten E-Komponenten bezogen die Maschinenbau-Studenten über die DHBW Karslruhe. „Vor allem Teile zu finden, die passen und preislich nicht den Rahmen sprengen, das war die größte Herausforderung“, erklärt Nils. Alle anderen Komponenten wie Drehteile oder spezielle Bleche fertigten sie selbst – und zwar am Produktionsstandort in Wadern-Lockweller, an dem Karosserie-Plattformen für Fahrzeuge entstehen.
„Die Unterstützung, die wir von thyssenkrupp erhalten haben, ist ganz hoch anzurechnen“, ist Maximilian überzeugt: „Uns wurde das Material gestellt und wir konnten die Maschinen nutzen. Außerdem haben uns viele Azubis unterstützt.“ Besonders wertvoll war laut Maximilian auch der Support mit Know-how aus den Fachabteilungen von thyssenkrupp System Engineering.
40 Prozent Leistungsplus
Und was konnten die Nachwuchsentwickler jetzt an Leistung generieren? „Der Verbrenner in unserem Gebraucht-Kart leistet 4 kW. Mit unserem Upgrade-Kit kommen noch einmal 1,6 kW dazu. Das entspricht einem Leistungsplus von 40 Prozent“, freut sich Nils. Die Beschleunigung ist jetzt wesentlich besser. Es macht unheimlichen Spaß, das Kart jetzt zu fahren!“
Die Technik ist die eine Seite, die andere die wirtschaftliche Machbarkeit des Produkts, wie Philip betont: „Bei dem Projekt ging es nicht allein um das Konstruktionskonzept. Es war vielmehr ein vernetztes Projekt. Ich zum Beispiel habe die Bereiche Marketing und Business Plan übernommen“. Auch wenn das Upgrade-Kit nie in den Verkauf gehen soll, wurde ein richtiger, wenn auch fiktiver Business Plan entwickelt. Die Finanzplanung orientierte sich an realistischen Stückzahlen mit einer angenommenen Produktion in Deutschland.
Auch wirtschaftlich interessant für Kartbahn-Betreiber
Und siehe da: Auch aus wirtschaftlicher Sicht wäre so ein Hybrid-Kart für Kartbahn-Betreiber durchaus interessant. Die finanzielle Planung ergab einen fiktiven Preis von rund 2.000 Euro für das komplette Kit inklusive Ladegerät. „Mit dieser Investitionssumme liegen wir deutlich unter der eines E-Karts, die zu Preisen ab etwa 15.000 Euro zu haben sind“, weiß Philip. Gemessen an den Preisen von 6.000 bis 10.000 Euro für ein gewöhnliches Kart mit Verbrennungsmotor könnten Kartbahn-Betreiber ihre Kart-Flotte also kostengünstig aufpimpen und Kart-Fans ein Plus an Fahrspaß bieten.
Doppelt schade also, dass der Prototyp als studentisches Projekt von Frederik, Maximilian, Philip, Marco, Jakob und Nils nicht in die Serienproduktion gehen wird.