Jäger:innen des verborgenen Datenschatzes – das DTO
Schnell, verlässlich, hochverfügbar: Das sind Prozesse bei thyssenkrupp. Weil es aber immer noch besser geht, ist Data Analytics und Data Science in allen Segmenten ein großes Thema. Im Auftrag der Geschäfte taucht das Digital Transformation Office gezielt in Informationsströme ein, um verborgene Datenschätze zu heben.
Es ist ein Alptraum, der jeder Produktionsleitung den kalten Schweiß auf die Stirn treibt: Ein fehlerhaftes Fertigungsteil durchläuft die gesamte Produktionskette, verschwendet auf seinem Weg durch die unterschiedlichen Stationen Lagerkapazität, Zeit und Geld – nur um schlussendlich aufgrund mangelhafter Qualität doch entsorgt zu werden. Ähnlich schlimm ist es, wenn der Defekt frühzeitig in den zahlreichen Sensoren ein untypisches Muster zeigt, dieses aber bislang nicht verstanden und ausgewertet wurde.
DTO, übernehmen Sie
Damit solche Worst-Case-Szenarien bei thyssenkrupp gar nicht erst eintreten, arbeiten immer mehr Geschäfte eng mit dem Digital Transformation Office (DTO) von thyssenkrupp Materials Services zusammen. Das erfahrende Team beschäftigt sich in verschiedenen Projekten mit Datensätzen und Softwareentwicklungen. Das Team ist in der Lage, von den Fachabteilungen gewünschte – und durch entsprechende Hypothesen untermauerte – Prozessverbesserungen zu prüfen und bei Erfolg in die operativen Prozesse zu integrieren.
Dabei muss es nicht zwangsläufig immer um die Produktion gehen. Oftmals werden die Expert:innen auch bei Fragen zur Planung und Logistik einbezogen, zum Beispiel: „Können wir auf Basis unserer Daten verlässlich prognostizieren, welche Materialien zu welchem Zeitpunkt wo genau benötigt werden?“ Im Idealfall entsteht aus der Datenanalyse ein optimiertes Prozessmodell. Dies spart Zeit und Kosten, sobald es über anwenderfreundliche Software-Applikationen erfolgreich ins operative Tagesgeschäft der Fachabteilung integriert wird. „Data Analytics as a Service”, nennen das die DTO-Expert:innen.
Deep Dive for Data
Zu Beginn jedes Projekts taucht das Team tief in das Datenmeer der jeweiligen Geschäfte ab, um intensive Detail-Untersuchungen der individuellen Informationsströme durchzuführen. Aufwand und Akribie erinnern dabei an kriminalistische Detektivarbeit. Gesucht wird die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen, denn tagtäglich werden in den Konzernbereichen bei thyssenkrupp Millionen von Datensätze generiert, gespeichert und verarbeitet. Doch nicht alle Datensätze haben das Potenzial, Abläufe langfristig noch effizienter und einfacher zu gestalten.
Beim Durchforsten des Datendickichts hängt der Erfolg nicht allein vom Können ab. „Es gehört auch ein bisschen Glück dazu“, so Markus Tautschnig, Data Solution Architect bei thyssenkrupp Materials Services. „Natürlich starten wir nur Projekte, bei denen wir aufgrund der im Vorfeld aufgestellten Hypothesen eine hohe Erfolgschance sehen.“ Eine Garantie gäbe es aber nicht. Ähnlich wie bei einer Schatzsuche, benötigen auch die Datenspezialist:innen, die nach dem Prinzip „trial and error“ arbeiten, eine gewisse Beharrlichkeit und Toleranz gegen Fehlschläge.
Wann, was, wohin?
Umso süßer schmecken die Erfolge. So wie die neu zugeschnittene Verteilung von Aufträgen im Logistiknetzwerk, die als „Data Analytics as a Service“-Projekt realisiert wurde. „Ausgangspunkt war das extrem komplexe Logistik-Netzwerk von Materials Services, das aus vielen Standorten mit unglaublich vielen Materialbewegungen eines riesigen Produktsortiments besteht. Unser Ziel im Geschäft ist es ja, dass unsere Kunden das bestellte Material bekommen – wann und wohin sie möchten“, erinnert sich Markus Tautschnig. Als theoretischer Physiker arbeitete Tautschnig vor seiner Zeit bei thyssenkrupp beim Max-Planck-Institut und kennt sich deshalb mit herausfordernden und komplexen Problemstellungen aus. Diesmal lautete sie: „Von wo liefern wir welches Material am besten wann wohin, um unsere Kunden zu bedienen und gleichzeitig möglichst effizient zu sein?“
Auf Basis einer aufwendigen Datenanalyse gelang es gemeinsam mit Fachexperten:innen aus der Logistik, die Verteilung der Aufträge im Netzwerk zu optimieren. „Mit Hilfe automatisierter Simulationen konnten wir auf Basis von Millionen historischer Transaktionen neue Szenarien und Verteilungsrouten berechnen“, erklärt Andrea Vennemann, Projektleiterin im Supply Chain Management bei thyssenkrupp Schulte. „Das DTO hat uns somit in die Lage versetzt, das Potential von Data Analytics und Cloud Technologie selbstständig für unsere Kernaufgaben zu nutzen. Dabei haben uns die Kolleginnen und Kollegen des DTO kontinuierlich begleitet”, so Vennemann.
Transparenz in Echtzeit
Für die User ist das neue System extrem transparent. Denn wie der Name schon sagt, beschränkt sich „Data Analytics as a Service“ nicht alleine auf die Datenanalyse und die Prozessmodellierung. Es liefert den verantwortlichen Mitarbeitenden auch gleich die passenden Software-Services zur Steuerung, Kontrolle und Ansicht in Echtzeit. Das schließt auch die hypothetische Berechnung von Szenarien mit ein. Auf Wunsch simuliert das System neue Materialbewegungen, errechnet Transportkosten und gibt damit Hinweise, wie sich die Dinge verhalten, wenn bestimmte Parameter geändert werden.
„Die Akzeptanz auf Anwendungsebene ist ein fundamentaler Faktor für den Erfolg unserer Projekte“, weiß Markus Tautschnig. Das fängt bei ganz profanen Dingen an, zum Beispiel der Frage, wie Informationen am nutzerfreundlichsten angeboten werden: Per E-Mail? Oder per Dashboard? „Es wäre schließlich nicht das erste Mal, dass eine Maschine interessante Vorschläge für Menschen bereithält, die dann aber ignoriert werden, weil die Kommunikation nicht passt“, so Tautschnig weiter.
„Wert materialisiert sich nicht in Größe“
Was die Nutzenden bei aller Bedienfreundlichkeit nicht sehen: Hinter jedem kleinen, aber wichtigen Detail steht ein interdisziplinäres und international agierendes Team. Dies setzt sich nicht nur aus den Bereichen Datenanalyse und Datenwissenschaft zusammen. Auch UX-Design, App-Entwicklung und der Support des Systems gehören dazu. Alle im Ziel vereint, aus etwas Kleinem etwas Bedeutendes entstehen zu lassen. „Der Wert von Daten materialisiert sich nicht durch deren Größe oder Menge. Der Wert ist nachher eine Verbesserung im Business. Zum Beispiel durch besseren Kundenservice, geringere Kosten oder Zeitersparnisse“, sagt Vennemann. Und wenn dann auch noch die Alpträume ausbleiben, umso besser.