Digitalisierung im Hier und Jetzt mit Dr. Sophie Wei
Güllü Beydilli
Wir haben uns mit Dr. Sophie Wei, Head of Analytics & AI vom thyssenkrupp TechCenter Control Technology in München, Geschäftsführerin & CTO carValoo GmbH, zusammengesetzt und über die verschiedenen Anwendungsbereiche von Data Analytics, Machine Learning und künstlicher Intelligenz gesprochen.
Wie Data Analytics und Artificial Intelligence die Industrie besser machen können
Der Einsatzbereich von intelligenten Technologien in der Industrie ist vielfältig, erklärt Wei: „In den heutigen Anlagen und Maschinen sind Daten anders als in der Vergangenheit praktisch unbegrenzt verfügbar. Wir versuchen die in diesem Datensee verborgenen Informationen und Muster zu extrahieren, in dem wir die Daten aufbereiten, sie visualisieren und statistisch auswerten.“
Dr. Sophie Wei bringt durch Datenanalyse Informationen und Zusammenhänge ans Licht, die dabei helfen ganze Wertschöpfungsketten und Produktionsketten zu verbessern.
Erst nach dieser Datenanalyse kommen das eigentliche Machine Learning und die künstliche Intelligenz zum Zuge: Basierend auf den identifizierten Mustern bauen Dr. Wei und ihr achtköpfiges Team KI-Modelle, die Trends vorhersagen oder Empfehlungen ausgeben kann. So können Fehlerquellen innerhalb einzelner Maschinen, aber auch zusammenhängenden Prozessketten vermieden und Optimierungen erzielt werden.
Der technische Fortschritt ersetzt aber keineswegs die Experten, erklärt Wei. Vielmehr unterstützt und erleichtert Data Analytics ihre Arbeit. „Gerade in der Industrie- und Anlagenwelt ist früher vieles durch Expertenwissen angepasst und verändert worden. Unsere Entwicklungen sind quasi eine Zusammenkunft dieses menschlichen Fachwissens und den Daten und Algorithmen,“ so Wei.
Welche Bedeutung hat digitale Expertise für thyssenkrupp?
„Der größte Vorteil der Datenanalyse besteht darin, dass wir die Produkte und Anwendungen, die thyssenkrupp bereits anbietet, besser machen können, “ erklärt die Expertin. Denn mithilfe der Datenanalyse können die Experten große Datenmengen um ein Vielfaches schneller auswerten als Menschen es jemals könnten. Die digitalen Lösungen unterstützen die Mitarbeiter im Werk, indem sie Informationen über den Produktionsprozess greifbar machen, die zuvor im Verborgenen lagen.
„Im Anschluss an die Datenanalyse ist das Fachwissen der Werksmitarbeiter gefragt,“ so Wei. Welche Zusammenhänge und Rückschlüsse lassen sich aus Informationen ableiten? Sind Fehlerquellen und Optimierungspotentiale erst einmal identifiziert, können mithilfe von Machine Learning einzelne Maschinen und ganze Maschinenparks neu programmiert werden. Fehler werden behoben und Verbesserungen integriert.
Die „Digitalized Expertise“ von thyssenkrupp umfasst ein internationales Team von Experten, die in engem Kontakt mit Kunden und thyssenkrupp Servicemitarbeitern Erkenntnisse aus Data Analytics und AI in den Produktionsalltag überführen.
DISCLAIMER: Diese Aufnahmen sind vor dem Ausbruch von COVID-19 entstanden.
Auf diese Weise wird nicht nur die Qualität der Produkte kontinuierlich besser, die Anlage produziert auch weniger Ausschuss. Das macht viel aus, denn weniger Ausschuss ist gleichbedeutend mit einer Zeit-, Kosten- und Ressourcenersparnis. Aber auch die Vermeidung von Maschinenausfällen und die bessere Planbarkeit von Wartungsarbeiten ist ein Ergebnis digitaler Expertise in der Industrie. Lieferengpässe lassen sich damit weitgehend vermeiden.
Faszination KI und ihre Zukunft in der industriellen Produktion
An der Arbeit im Bereich Data Analytics und KI fasziniert Dr. Sophie Wei der breite Anwendungsbereich. „Was mir besonders Spaß macht, ist das große Spektrum, in dem wir arbeiten,“ so die Expertin. „Nicht nur in dem Sinne, dass wir verschiedene Methoden anwenden und täglich etwas Neues lernen, sondern auch weil wir als Teil der thyssenkrupp Familie, innovative Lösungen für einen sehr diversen und breitgestreuten Industriebereich kreieren können.“ Bei thyssenkrupp ist ihr Team sowohl in der Automobilbranche als auch im Anlagenbau tätig: Das Arbeitsumfeld umfasst nahezu den gesamten Bereich der Chemieanlagen ebenso wie zum Beispiel Tagebaumaschinen oder Zementmühlen. Zusätzlich entwickelt das Team in dem thyssenkrupp Startup Unternehmen carValoo einen neuen KI-basierten Cloud-Service für Flottenbetreiber.
Mit Blick in die Zukunft ist sich Dr. Sophie Wei sicher: Künstliche Intelligenz wird in den kommenden zehn Jahren nicht nur in der Industrie gang und gäbe sein, sondern auch mehr und mehr Einzug in Produkte unseres täglichen Lebens halten: „Ich glaube, dass Daten und Aspekte von KI zukünftig in jedem Produkt stecken werden, ob von thyssenkrupp oder in Produkten, die man als Privatperson tagtäglich nutzt. Das heißt, dass alle Prozesse mindestens teilweise oder vollständig datenbasiert sein werden.“
In dieser Entwicklung sieht die Expertin vor allem einen Vorteil: Produkte und Dienste werden viel besser auf Nutzer zugeschnitten sein. Einen schlagartigen Wechsel zur vollkommen digitalen Zukunft schließt sie jedoch aus: „Wir werden künstliche Intelligenz nicht als neue Technologie empfinden, sondern vielmehr als eine Verbesserung einer bestehenden Technologie. Das selbstfahrende Auto – etwas, das komplett auf KI und Daten beruht – ist noch viele Jahre entfernt. Bis dahin, werden wir immer Produkte haben, bei denen im Hintergrund Daten und Modelle laufen, die sich aber für uns nur wie eine verbesserte Version des bereits Bekannten anfühlen.“
Zum Weiterlesen: Ein weiteres interessantes Projekt unserer Digitalexperten rund um Dr. Sophie Wei ist carValoo die Röntgenbrille für’s Auto.