Die wundersame Welt der Rolltreppe – pardon, Fahrtreppe
Über Knöpfe für Majestäten, Tempo und rollende Superlative: Zum 125. Geburtstag präsentieren wir euch die spannendsten, interessantesten und kuriosesten Fakten über die Fahrtreppe.
Heute erscheint sie uns selbstverständlich – die Rolltreppe. Als fester Bestandteil in Kaufhäusern, Flughäfen, Bahnhöfen und vielen anderen öffentlichen Orten sind sie aus unserem Alltag kaum noch wegzudenken. Dabei ist es gerade einmal 125 Jahre her, seit die erste ihrer Art für eine neue städtische Mobilität sorgte, die ohne diese technische Innovation nicht möglich gewesen wäre: Am 16. Januar 1893 wurde in New York die erste von ihnen in Betrieb genommen.
Schräger erster Einsatz
Entstanden ist die Innovation eher als Zufallsprodukt im Rahmen einer neuen U-Bahn, die der US-Amerikaner Jesse Reno seinerzeit verwirklichen wollte. Hierfür brauchte es die Kapazität und Fähigkeit, Menschen auf einem treppenartigen Aufgang mit maschineller Kraft von einer Ebene auf eine andere zu befördern. Konsequenterweise lief die erste Rolltreppe – damals am Old Iron Pier auf Coney Island in New York City – unter der Bezeichnung „Schrägaufzug“ (Incline Elevator). Obwohl die Neuerung nur für zwei Wochen am Pier installiert war, bevor sie zur Brooklyn Bridge „umzog“, begeisterte sie in dieser Zeit rund 75.000 Menschen. Heute werden allein in den USA sämtliche Rolltreppen jedes Jahr insgesamt über 100 Milliarden Mal genutzt.
Rolltreppe? Fahrtreppe!
Was Jesse Reno vor 125 Jahren begann, hat thyssenkrupp über Jahre und Jahrzehnte hinweg perfektioniert. Inzwischen finden sich unsere Rolltreppen überall auf der Welt. Grund genug, euch einmal die spannendsten, interessantesten und kuriosesten Fakten zur Rolltreppe aufzurollen. Wobei: War euch eigentlich klar, dass die Rolltreppe bei uns Profis eigentlich Fahrtreppe heißt? Die Kollegen von Schindler haben einen tollen Artikel über die Gründe geschrieben.
Über kurz oder lang
Würde man jemals alle von thyssenkrupp installierten Fahrtreppen addieren, könnte man einen Berg mit 500 Kilometern Höhe überwinden oder eine Strecke von 1000 Kilometern zurücklegen. Etwas weniger lang ist unsere längste einzelne Fahrtreppe weltweit: Sie misst 53,68 Meter, ihr findet sie in der Metro-Station „Okruzhnaya“ in Russland. Der derzeitige Rekord für die längste Fahrtreppe in Europa halten übrigens unsere Fahrtreppen der Metro in Prag – mit einer Höhe von 43,6 Metern. Zum Vergleich: unsere niedrigste Fahrtreppe misst gerade einmal 90 Zentimeter. Kurze Installationen wie diese sind oft zur Überbrückung von drei bis vier Stufen in Palästen oder Museen zu finden.
In den Bergen und unter Wasser
Unsere am höchsten gelegene Fahrtreppe befindet sich in den Alpen: Sie ist mit einem Rutschschutz auf den Stufen ausgestattet, damit Skifahrer nicht zu Fall kommen. Am schönsten finden viele unserer Fahrtreppen-Fans aber unsere Fahrtreppe im Londoner Kaufhaus Harrod’s: Sie wurde mit einer tollen Jugendstil-Verkleidung versehen und ist auch einer unserer Favoriten. Mit einem ganz anderem Highlight warten unsere zwei Fahrtreppen im Ocean Aquarium Schanghai auf – sie führen durch einen transparenten Unterwassertunnel – also perfekt, um sich voll auf die Unterwasserwelt zu konzentrieren.
Royale Vorzüge
Für königliche Majestäten verbauen wir bisweilen den „Royale Mode“. Damit kann der Passagier selbst auf Knopfdruck bestimmen, wann die Treppe anfährt oder stehenbleiben soll. Wir haben sogar schon Fahrtreppen mit Kühlaggregaten an den Handläufen hergestellt. So verbrennen sich Kunden in wärmeren Regionen nicht die Finger, wenn sie sich festhalten. Außerdem bauen wir mobile Fahrtreppen, die Personen in Flugzeuge hinein und hinaus befördern. Das Besondere: Die Treppen reisen im Flieger mit und werden überall auf der Welt am Flughafen wieder entladen – und erwarten den Passagier vor Ort als seine eigene Aus- und Einstiegshilfe.
Total Banane
Man kann Fahrtreppen auch mit Laufbändern bzw. Fahrsteigen (wie unserem ACCEL) kombinieren. Wir nennen solche „Up-over-up“-Fahrtreppen liebevoll „Banane“. Unsere Längste misst eine horizontale Strecke von zehn Metern zwischen ihren Neigungen. Sie fährt im Bahnhof von Antwerpen. Wo wir gerade bei Städten am Meer sind: In Restaurants, zum Beispiel in Hamburgs Alster-Pavillon, sind Fahrteppen mit nur einem beweglichen Handlauf durchaus zugelassen. Schließlich haben Kellner nur eine Hand frei, weil sie mit der anderen das Tablett halten.
Timing ist alles
Unsere ersten frei schwebenden Fahrtreppen haben wir im Westminster Court in London realisiert. Dort hängen alle Fahrtreppen an einer Zugstangen-Konstruktion an der Gebäudekuppel und sind wie Hängebrücken innerhalb des Atriums angeordnet. Das wäre aber viel zu viel Zeitaufwand für unsere kurzfristigste Bestellung und Lieferung. Für einen Staatsbesuch in Riad mussten wir zwei Fahrtreppen binnen zwei Wochen vor Ort in Betrieb nehmen. Natürlich haben wir die beiden per Luftfracht geliefert. Schnell geht es zurzeit auch noch in einigen U-Bahn-Stationen in – ratet mal – Prag und Russland zu. Dort fahren unsere schnellsten Fahrtreppen mit 3,24 km/h auf dem Tacho.
Geschichtsträchtig
Die älteste Fahrtreppe haben wir 1906 im Kaufhaus Wertheim von Wimmel&Landgraf installiert – sie ist somit nur um vier Jahre jünger als die weltweit älteste, die 1902 im Kaufhaus Macy‘s in New York City installiert wurde. Diese kam allerdings leider nicht von uns – Glückwunsch, Otis, gute Arbeit! Bis 1950 wurden Fahrtreppen übrigens ausschließlich in Teilen an der Baustelle gefertigt. Als einige Jahre darauf dann das Zeitalter der industriellen Serienfertigung begann, entstanden unsere Fahrtreppen im Werk in Hamburg. Von der Hansestadt aus lieferten wir die ersten Serienfahrtreppen im Jahr 1951. Seit dieser Zeit sind Fahrtreppen auch nicht mehr aus dem Kaufhausalltag wegzudenken.
Branchen-Insider
thyssenkrupp ist der einzige Konzern, der in Deutschland noch Fahrtreppen herstellt. Oder anders formuliert: Das Fahrtreppenwerk in Hamburg ist das einzige in ganz Deutschland. Einer unserer Mechaniker kümmert sich dabei um 30 bis 40 Fahrtreppen im Monat. Die durchschnittliche Lebensdauer einer Fahrtreppe beträgt dabei etwa 20 bis 30 Jahre, bevor sie modernisiert oder repariert werden muss. Modernisierung bedeutet: Die Fahrtreppen werden an den neuesten Stand der Technik angepasst.
Manchmal bauen unsere Ingenieure aber auch eine komplett neue Fahrtreppe ein – viel Arbeit, denn jede Fahrtreppe ist ein Unikat. Es gibt zwar eine Grundkonstruktion, jedoch können wir die Höhe, Breite, Neigung, Geschwindigkeit, den Motor und sogar die Energieeffizienz an die Bedürfnisse der Kunden anpassen. Der Fahrtreppenmarkt wächst deshalb zwar moderat, aber stetig – jährlich kommen ca. 5.500 neue Fahrtreppen in Europa hinzu. Übrigens steigen auch die Angestellten und Besucher des One World Trade Centers mit unseren Systemen nach oben: Neben den 71 schnellsten Aufzügen in Nord- und Südamerika hat thyssenkrupp im neuen New Yorker Wahrzeichen 12 Fahrtreppen installiert.