Produkte und Lösungen 11.09.2001 02:00
Vorlackiertes Stahlfeinblech im Automobilbau
Reinigen, chemisch vorbehandeln, im Tauchbad grundieren, die Grundierung einbrennen, Füller aufsprühen, trocknen, Decklack aufsprühen, ablüften, klarlackieren und wieder einbrennen: Die Arbeitsschritte, bis der Lackaufbau einer Automobilkarosserie steht, sind zahlreich und die hierfür benötigten Anlagen teuer. Noch komplizierter wird der Prozess bei Anbauteilen, die häufig mit sehr viel Handarbeit in separaten Lackieranlagen bearbeitet werden müssen. Immer mehr Zulieferer sehen sich deshalb mit der Forderung der Automobilindustrie konfrontiert, solche Teile bereits fertig grundiert oder lackiert abzuliefern. Weil sich Investitionen in teure Lackieranlagen für die Zulieferer nicht rechnen, müssen Lohnbetriebe einspringen und es entsteht Logistikaufwand, der beträchtliche Zusatzkosten verursacht.
Kein Wunder also, dass Automobil-, Zuliefer- und Stahlindustrie schon seit einiger Zeit nach Wegen suchen, den Prozess für Korrosionsschutz und Farbgebung durch organische Beschichtungen zu verkürzen. "Finish First - Fabricate Later" heißt die Losung, unter der die Thyssen Krupp Stahl AG hier angetreten ist, möglichst große Teile des Korrosionsschutzes und des Lackaufbaus auf ihren kontinuierlichen Bandbeschichtungsanlagen auf das Stahlblech aufzubringen. Bei diesem Coil Coating genannten Verfahren erfolgen Reinigung, Vorbehandlung und Lackierung in einem kontinuierlichen Prozess am ebenen Band. Das Verfahren sorgt für extrem gleichmäßige Schichten mit gleich bleibend hoher Qualität.
Ziel ist es, Autoherstellern und Modulzulieferern komplett in der gewünschten Wagenfarbe vorlackierte Bleche zu liefern. Die Thyssen Krupp Stahl AG, die schon heute rund 75 Prozent ihrer Kaltband-Produktion mit metallischer oder organischer Oberflächenveredelung ausliefert, hat kräftig in die Weiterentwicklung der Oberflächentechnologie investiert. Mit dem Dortmunder OberflächenCentrum betreibt die Thyssen Krupp Stahl AG unter anderem Europas größtes Forschungszentrum für die Oberflächenveredelung von Flachstahl. Hier arbeiten die Forscher unter anderem an der Verbesserung der Kratzfestigkeit von Klarlack, an neuen fügetechnischen Lösungen für vorlackierte Teile oder auch an der Entwicklung neuer Werkzeugoberflächen für die schonende Verarbeitung von vorlackierten Platinen. Die Automobil- und Zulieferindustrie ist in diese Entwicklungsarbeit eingebunden und führt ihrerseits intensive Tests und Bauteilerprobungen mit komplett vorlackiertem Stahlblech von Thyssen Krupp Stahl durch. Gegenwärtig zeichnet sich ab, dass solche Materialien zunächst vor allem von Modulzulieferern eingesetzt werden dürften.
Dass das komplett vorlackierte Stahlblech für den Automobilbau ein realistisches Ziel ist, zeigen auch die Erfolge, die heute schon mit organisch vorbeschichteten Materialien in der Automobilfertigung erzielt werden. Die Thyssen Krupp Stahl AG ist beispielsweise einer der größten Lieferanten von dünnfilmbeschichtetem Feinblech für die Automobilindustrie. Das verzinkte Blech mit einer im Coil-Coating Verfahren aufgebrachten, zwei bis vier Mikrometer dicken organischen Beschichtung, sorgt für den nötigen Korrosionsschutz in Bereichen, die nicht von der Lackierung erreicht werden. Beispiele sind Hohlräume, etwa in Trägern, oder Blechüberlappungen bei Schweißflanschen. Früher mussten diese Zonen mit Hohlraumversiegelungen oder Nahtabdichtungen vor Rost geschützt werden. Das organisch vorbeschichtete Material macht solche sekundären Korrosionsschutzmaßnahmen nahezu überflüssig. Gegenwärtig arbeitet die Thyssen Krupp Stahl AG an einer Weiterentwicklung des dünnfilmbeschichteten Feinblechs mit nochmals erhöhtem Korrosionsschutz, um den Automobilherstellern noch weitergehende Garantiezusagen zu ermöglichen.
Ganz im Sinne der Automobil- und Zulieferindustrie dürfte auch die von der Thyssen Krupp Stahl AG entwickelte KTL-Ersatzlackierung sein. Mit ihr lässt sich der Prozessschritt der kathodischen Tauchlackierung zur Grundierung der Bauteile einsparen. Die Thyssen Krupp Stahl AG bietet hierfür verzinktes Feinblech an, das mit einem 25 Mikrometer dicken Lackfilm auf jeder Seite bereits vorgrundiert ist. Die besten Perspektiven hat dieses Material zurzeit in der Fertigung von Anbauteilen, die heute noch aufwändig in Kleinteilelackieranlagen grundiert werden und keine weitere Lackierung benötigen. Solche häufig auch Schwarzteile genannten Komponenten sind beispielsweise Motorinnenraumteile, Bremsscheibenabdeckungen oder Stirnwände. Auch in der Ersatzteilproduktion würde das vorgrundierte Stahlfeinblech Arbeitsaufwand und damit Kosten sparen.
Das hohe Umformpotential des vorgrundierten Feinblechs ist bereits in einer Vielzahl von Verarbeitungsversuchen unter Serienbedingungen nachgewiesen worden. Für den Teilezusammenbau sind Fügeverfahren wie Durchsetzfügen, Stanznieten oder Kleben geeignet, wobei der Klebstoff genau auf die Zusammensetzung der organischen Beschichtung abgestimmt sein muss. Bei den mechanischen Fügeverfahren müssen spezielle oberflächenbehandelte Werkzeuge eingesetzt werden, die die organische Beschichtung im Bereich des Fügepunktes nicht zerstören.
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