Produkte und Lösungen 16.03.2006 13:01
Strahlen, waschen, verzinken, beschichten
Seit über 50 Jahren wird in Marl aus Natriumchlorid (Steinsalz), Strom und Ethylen der Kunststoff PVC hergestellt. Das in einem westfälischen Salzstock gewonnene Salz gelangt als wässrige Lösung über eine Pipeline zum Chemiepark Marl. Hier wird sie in der so genannten Saline aufbereitet und anschließend den verschiedenen Verfahrensstufen zugeführt. Weil nun aber Salz und Stahl sich überhaupt nicht vertragen, war ein Auffrischen des Korrosionsschutzes dieses Anlagenbereichs unumgänglich geworden. Es dient zudem als vorbereitende Maßnahme für den Neubau einer Membranelektrolyse. Von Mitte August 2005 an arbeiteten Schlosser, Rohrleitungsbauer, Mess- und Regeltechniker, Elektriker, Korrosionsschützer und Isolierer an dem circa 20 000 m² großen Salinenbereich. Er besteht aus sechs Anlagenteilen - hauptsächlich Apparategerüste, die über Rohrbrücken miteinander verbunden sind. Die Full-Service Instandhalter der betreibereigenen Infracor GmbH tauschen aus, modernisieren, schließen an. Mit sämtlichen Korrosionsschutz- und Isolierarbeiten wie auch dem für alle Gewerke benötigten Gerüstbau hat Infracor den Mehrgewerkdienstleister ThyssenKrupp Xervon beauftragt.
Gute Koordination sichert Terminplan
Enge Abstimmung und gute Koordination waren die unerlässliche Voraussetzung für eine termingerechte Sanierung. Bereits Ende Februar - nach gut sechs Monaten Sanierungszeit - mussten alle Arbeiten abgeschlossen sein. "Der Zeitdruck war enorm hoch, darum haben wir gemeinsam mit Infracor parallel an fünf, sechs verschiedenen Stellen der Anlage gearbeitet", sagt Heinz-Georg Beerenbrock. Als so genannter Mehrgewerk-Bauleiter wickelt er vor Ort die Gerüstbau-, Korrosionsschutz- und Isoliererarbeiten ab. Für Infracor ist er der alleinige Ansprechpartner in all diesen Belangen. "Diese Bündelung spart dem Kunden Wege, Zeit und viel Koordinierungsaufwand", versichert Beerenbrock. Das funktioniere allerdings nur, weil er mit entsprechend erfahrenen und geschulten Kollegen arbeite. Schließlich kann er nicht ständig und überall anwesend sein. Vieles managen seine Mitarbeiter eigenverantwortlich. Beerenbrock: "Ich bin zufrieden, wenn das Telefon nicht klingelt. Dann weiß ich, dass alles läuft."
Oberstes Gebot: Sicherheit
Neben der fachlichen Kompetenz müssen die Instandhalter auch die strikten Sicherheitsbestimmungen des Chemieparks verinnerlicht haben. "Wie überall in der chemischen und petrochemischen Industrie werden auch hier Arbeitssicherheit und Umweltschutz in der Prioritätenliste ganz oben angesiedelt. Ganz gleich wie hoch der Termindruck ist", beschreibt Beerenbrock die besonderen Herausforderungen der Prozessindustrie. Deshalb sei es den Auftraggebern stets wichtig, dass alle Instandhalter die Sicherheitsbestimmungen streng befolgten und mit sämtlichen "Gepflogenheiten des Werks" vertraut seien. Bereits seit Jahren arbeiten Infracor und Xervon eng und partnerschaftlich zusammen. Beerenbrock: "Unsere einzelnen Fachabteilungen sind über Rahmenverträge ja schon lange mit dem Chemiepark verbunden, relativ neu ist eigentlich nur die Bündelung der Gewerke wie in diesem Projekt."
Beerenbrocks Spezialgebiet ist der Korrosionsschutz, den er in Marl in Personalunion auch als Fachbauleiter betreute. Unter seiner Regie musste das durchschnittlich 15 Mitarbeiter starke Team rund 13 000 m² Stahlfläche behandeln. Ganz am Anfang aller Sanierungsarbeiten stand jedoch stets die Gerüstbautechnik. Unermüdlich schafften die Monteure Zugang zu den bis zu 25 m hohen Apparategerüsten und deren vielzähligen Anschlüssen. Ob Rohrleitungsbauer oder Schlosser, Korrosionsschützer und Isolierer, sie alle benötigten eine ergonomische und vor allem sichere Arbeitsplattform für ihre spezielle Aufgabe. Da mussten beispielsweise vorhandene Isolierungen demontiert, Rohrleitungen gelöst und aufgehängt oder gar ausgebaut werden, damit die nachfolgenden Korrosionsschützer auch wirklich jede noch so verwinkelte und versteckte Fläche bearbeiten konnten. Die in der Anfangsphase 25 Mann starke Gerüstbaumannschaft war später zu einem zehnköpfigen Team geschrumpft, das täglich neue kreative Zugangskonstruktionen erstellte, umbaute oder demontierte.
Staubdichte Abschottung
Erst wenn die zu sanierenden Bauteile komplett eingehaust und staubdicht abgeschottet waren, machten sich die Korrosionsschützer ans Werk und bereiteten die Stahloberflächen auf die nachfolgende Verzinkung und Beschichtung vor. In einem ersten Strahlgang mit Schmelzkammergranulat wurden Korrosion und alte Beschichtung entfernt (Vorbereitungsgrad Sa 2). Danach folgte das Spülen der Metallflächen mit vollentsalztem (VE)-Wasser. Eine Vorgehensweise, die speziell für die Marler Saline entwickelt und in einem Pilotprojekt erfolgreich getestet wurde.
Pilotprojekt Rohrbrücke
Thomas Pahle, Xervon-Standortleiter und Mehrgewerke-Manager: "Bereits im vorletzten Jahr haben wir eine Rohrbrücke im Bereich der Salzaufbereitung saniert. Dabei haben wir über Messungen festgestellt, dass der Stahl auch nach dem Entfernen des alten Korrosionsschutzes immer noch durch Chloride belastet war." Daraufhin hat man gemeinsam mit Infracor und dem Materiallieferanten eine dreistufige Oberflächenvorbereitung entwickelt: strahlen, waschen, strahlen. Nach dem ersten Strahlgang wurden die Bauteile mit VE-Wasser gespült, bis die Chlorid-Ionenkonzentration nachweislich auf das gewünschte Maß gesunken ist. Erst dann wurde die Oberfläche in einem zweiten Strahlgang metallisch blank (Sa 3) und mit einem definierten Oberflächenprofil gestrahlt. Das gewährleistet nicht nur die gute Haftung der nachfolgenden thermisch aufgespritzten Zinkschicht (100 µm). Es sorgt auch für deren Funktionstüchtigkeit als so genannte Opferanode, die den Stahl durch Ionenaustausch elektrochemisch vor Korrosion schützt (kathodischer Korrosionsschutz). Nach der Zinkbeschichtung folgten eine 100 µm starke Grundbeschichtung, ein 80 µm dicker Kantenschutz, der sorgfältig auf alle Kanten, Schweißnähte, Schraubenköpfe etc. aufgetragen wurde und schließlich eine Deckbeschichtung (2-Komponenten-Polyurethan).
Obwohl der Termindruck groß war, alle Arbeiten extrem sorgfältig vorbereitet und ausgeführt wurden und sich manche unvorhergesehene Aufgabenstellung erst im Laufe der Arbeiten ergab, lag die Sanierung stets sehr gut im Zeitplan. "Der Gerüstbau war zeitweise sogar sechs Wochen voraus", konstatiert Mehrgewerke-Bauleiter Beerenbrock. Seiner Einschätzung nach lag das zum einen an der äußerst disziplinierten Arbeitsweise und engen Abstimmung aller Sanierer. Aber auch an der schnellen und flexiblen Reaktion auf sich kurzfristig ergebende Aufgabenstellungen. "Als großes Unternehmen haben wir einfach die Möglichkeit, falls nötig, binnen kurzer Zeit geschulte Mitarbeiter und auch die entsprechenden Materialmengen zu organisieren und auf die Baustelle zu bringen."