Produkte und Lösungen Feb 27, 2007 1:35 PM
Stillstand im Schatten der „Seven Sisters“
Das Fawley-Werk mit eigenem Hafen liegt direkt am Ärmelkanal im Schatten der so genannten „Seven Sisters“ – sieben riesigen Drucktanks, in denen Butan lagert. Jedes Jahr passieren etwa 2.000 Schiffe dieses Wahrzeichen und schlagen rund 22 Millionen Tonnen Rohöl sowie andere Produkte in Fawley um. Die Raffinerie verarbeitet zirka 330.000 Fässer Rohöl am Tag und liefert rund 15 Prozent aller Erdölerzeugnisse in Großbritannien.
Wenn eine Anlage dieser Ausmaße generalüberholt wird, bedeutet das Ausnahmezustand für alle Beteiligten. So auch für ThyssenKrupp Xervon. Der Gelsenkirchener Dienstleister hat die Stillstandsarbeiten im Oktober 2006 an zwei entscheidenden Werksteilen begleitet: am Poly Plant Block und der FCCU-Anlage. Rund 130 Mann waren im Einsatz, um den Großstillstand innerhalb des äußerst knappen Zeitrahmens sicher und qualitativ hochwertig über die Bühne zu bringen. Insgesamt sind über 35.000 Arbeitsstunden geleistet worden.
Bei dieser Aufgabe bewährte sich nicht nur das umfassende Know-how des Unternehmens in Sachen Inspektion, Wartung und Instandsetzung, sondern insbesondere auch die langjährige Erfahrung der Mitarbeiter. Die Industriedienstleister analysieren und planen, führen Wartungs- und Umbauarbeiten sowie Instandsetzungen durch, kümmern sich um Ersatzteil- und Materialhandling und wickeln weltweit Großstillstände eigenständig ab. Wenn kurzfristige Personalengpässe auftreten, kann Xervon jederzeit auf einen Pool aus ausgebildeten und durch interne Fortbildungen hochqualifizierten Fachkräfte zurückgreifen, die sich mit Anlagenmontage, Rohrleitungsbau, Apparatereparaturen, Förder- und Antriebstechnik, Elektro-, Mess-, Steuer- und Regeltechnik, Lagerhaltung und Einkauf bestens auskennen. Im Fall Esso Fawley setzte sich das Stillstandsteam aus deutschen und ungarischen Experten zusammen – offizielle Baustellensprache war aber selbstverständlich Englisch.
Die Xervon-Projektleitung stellte nicht nur das Topmanagement für beide Werksteile, sondern auch die Richtmeister sowie Verwaltungs- Planungs- und Ausführungssmitarbeiter. Denn neben der Gesamtplanung des Projektes war man auch für die Koordinierung der Nebengewerke (Gerüstbau, Isolierung, Reinigung, Korrosionsschutz, Inspektion, usw.) sowie für die Nachstillstandsphase verantwortlich. Das Lob von Esso wiegt damit doppelt: „Xervon hat eine ausgezeichnete Arbeit während unseres Stillstandes abgeliefert und setzte Maßstäbe sowohl bei den Sicherheitsanforderungen als auch allen anderen Arbeitsaspekten – wir sind sehr beeindruckt“, zieht Stillstandsmanager Rob Tarbard das Fazit.
Duplex: Herausforderung Rohrleitungsbau
An der FCCU-Anlage mit ihrem CAT-Cracker hatte ThyssenKrupp Xervon den Austausch von zwei Super Heatern inklusive zugehöriger Nebengewerke an den Waste-Heat-Boilern auszuführen und zu beaufsichtigen. Doch die meiste Aufmerksamkeit galt dem Poly Plant Block. Er besteht aus Wärmetauschern, Behältern, Kolonnen über 100 Rohrleitungsisometrien sowie mehr als 200 Armaturen und Ventilen. Die Aufgabe von Xervon lautete: technische Überholung der Apparate, De- und Remontage aller defekten Teile, dazu die Koordination sämtlicher mechanischer Arbeiten in Abstimmung mit anderen Gewerken. Neben dem umfangreichen Armaturenprogramm lag der Schwerpunkt auf dem Rohrleitungsbau. Denn der stellte nicht nur hohe quantitative, sondern auch qualitative Herausforderungen. Beispielsweise bestanden einige Rohrleitungen aus Duplex. Diese durften nur sehr langsam und mit dünnen Elektroden geschweißt werden, denn das empfindliche Material musste immer wieder abkühlen, um eine Überhitzung zu vermeiden. Das erforderte höchste Konzentration von den Schweißern. Denn: „Sobald bei einer Duplex-Schweißung eine blaue Anlauffarbe erscheint, ist diese Schweißnaht unbrauchbar“, weiß Xervon-Bauleiter Stevan Wallhäußer.
Als erfahrener Instandhaltungsspezialist hat das Xervon-Team Esso bereits bei Stillständen in Ingolstadt, Antwerpen (Belgien) und Rotterdam (Holland) unterstützt. „Diese Erfahrungen kamen uns in Fawley bereits in der Vorbereitungs- und Planungsphase zugute“, erklärt Wallhäußer. Auch bei den extrem hohen Sicherheitsanforderungen, die noch zum üblichen Termindruck hinzukamen. So durften beispielsweise alle Arbeiten nur nach Abschluss einer Gefährdungs- und Sicherheitsanalyse wie TRA (Task-Risk-Assessment (Risikoanalysen)) und CARE (Sicherheitscheck vor Arbeitsbeginn) ausgeführt werden. Nicht zuletzt waren strenge Umweltschutzmaßnahmen zu beachten. Esso hat sich in Fawley verpflichtet, die natürliche Umgebung nicht nur zu schonen, sondern auch zu fördern. So wirbt das Unternehmen beispielsweise damit, dass das aufbereitete Brauchwasser sauberer sei als vorher.