Produkte und Lösungen 10.08.2006 15:50
Maßgeschneiderte Isolierung
Ob Mineralöl, Natronlauge, Schwefel oder CO2: gut behütet rollen verschiedenste flüssige Medien in Kesselwagen über die Schiene. Damit der wertvolle Inhalt unterwegs seine Temperatur möglichst hält und weder erstarrt noch gasförmig wird, besitzen die Tankwagen einen Wärme bzw. Kälte dämmenden Isoliermantel. Dessen Ausführung ist in zahlreichen technischen Varianten stets speziell auf das Transportgut und die Strecke zugeschnitten. Das begrenzt die Temperaturänderung während der Reise auf ein exakt definiertes Maß.
ThyssenKrupp Xervon gehört europaweit zu den wenigen Anbietern, die Isolierungen für Kesselwagen berechnen und ausführen. 350 Tankwagen hat der Industriedienstleister allein im vergangenen Jahr vor Ort bei Wagenherstellern in Deutschland, Frankreich, Rumänien und der Slowakei isoliert. Eine eigene Abteilung widmet sich seit Jahren diesem Spezialbereich. Für jeden Tankwagen und das zugehörige Medium wird ein entsprechendes Isolierkonzept erarbeitet. Entscheidende Faktoren dabei: die Art des Transportguts, die Streckenlänge und die geographische Lage; ein Kesselwagen für Norwegen muss anders isoliert sein als ein spanischer. Projektleiter Dirk Meyer, der den Geschäftszweig "Kesselwagenisolierung" leitet, veranschaulicht die komplexen Zusammenhänge: "In einer so genannten Temperaturabfallberechnung werden verschiedene denkbare Szenarien durchgespielt und berechnet. Ausgangspunkt ist die Einfülltemperatur des Mediums. Dann wird überlegt, wie viele Tage ist der Wagen unterwegs, mit welchen Umgebungstemperaturen muss gerechnet werden, und welche Temperatur darf das Transportgut am Zielort keinesfalls unter- bzw. überschritten haben." So entstehen die Vorgaben für mögliche Isolierungsvarianten.
Für den Kunden - Tankwagenhersteller und Leasingfirmen, die solche Kesselwagen an die Industrie vermieten - sind dann letztendlich Gewicht, Preis und Effektivität der Dämmung die entscheidenden Faktoren bei der Auswahl der Ausführung. Wird beispielsweise eine besonders wirkungsvolle Dämmung benötigt, fällt die Wahl eher auf einen teureren Dämmstoff. Andererseits spielt stets auch das Gewicht der Isolierung eine Rolle: je geringer das Gesamtgewicht des Kesselwagens, desto höher seine mögliche Zuladung. Deshalb arbeitet Xervon - abhängig von den technischen Vorgaben - stets mit leichten Dämmstoffen und möglichst dünnen Blechmänteln.
Preiswerter Standard
Relativ unempfindliche Stoffe wie Mineralöl oder auch Leim kommen beispielsweise mit einer Standardisolierung aus. Diese besteht aus einer 100 mm starken Mineralwollschicht und einer Blechabdeckung (inklusive Abstandhalterkonstruktion) als Schutz vor Witterung und mechanische Einwirkungen. Je aggressiver allerdings das Produkt ist, desto resistenter muss der Blechmantel sein. Beim Transport von starken Laugen oder Säuren besteht die schützende Blechhülle deshalb meist aus Edelstahl. Schließlich geht in den Abfüllanlagen der chemischen und petrochemischen Werke auch mal etwas daneben und läuft dann am Blechmantel herunter. Das und allein schon die aggressive Luft in solchen Anlagen würde die Außenhaut der Wagen auf Dauer angreifen und die durchschnittlich 25jährige Einsatzdauer der Kesselwagen vorzeitig beenden.
Polyurethan für besonders Heißes und Kaltes
Kesselwagen für extrem kalte Medien - z.B. verflüssigtes CO2, das mit bis zu -45 Grad eingefüllt wird - bekommen anstelle der Mineralwolle eine besonders dicke Isolierung aus Polyurethan. Dazu werden zunächst die Unterkonstruktion und der Blechmantel am Tankwagen angebracht. Der dabei entstandene Hohlraum wird anschließend sorgfältig mit Polyurethan ausgeschäumt. Auch bei heißen Medien macht man sich die besonders guten Dämmeigenschaften von Polyurethan zunutze. 145 Grad heißer flüssiger Schwefel wird beispielsweise in Wagen transportiert, die mit einer Kombination aus Mineralwolle und Schaum gedämmt sind. Weil Polyurethan nur bis 100 Grad belastbar ist, bekommt der Kesselwagen eine erste, 100 mm starke Isolierschicht aus Mineralwolldämmung. Erst dann folgt die Dämmschicht aus Polyurethan.
Das Prinzip der Tankwagen-Isolierung stammt aus der klassischen Rohrleitungsdämmung. Material, Maschinen und Arbeitsgänge sind identisch. Beim schützenden Blechmantel der Kesselwagen wird allerdings mit größeren, 1.250 mm breiten Blechen gearbeitet. Das verringert die Anzahl der Nähte, sieht besser aus und reduziert potenzielle Schwachstellen. Die Bleche werden mechanisch miteinander verbunden. Ein Gummiunterlegprofil unterbricht den Kontakt zwischen den überlappenden Blechnähten, damit sich diese nicht aneinander scheuern und reiben. Gleichzeitig besitzt das Profil an beiden Seiten Dichtlippen, zwischen die ein 57 mm breites Edelstahlband passt. Dieses wird umlaufend in das Profil hineingelegt und mit Spannschlössern angezogen. Das garantiert eine dichte, bei Bedarf nachziehbare Verbindung.
Spezifisches Know-how
Doch so ähnlich die Kesselwagenisolierung einer Standardisolierung auch ist, gerade das spezielle Know-how hat Xervon in diesem Nischengeschäft den Erfolg beschehrt. Davon ist Dirk Meyer überzeugt: "Aus jahrelanger Erfahrung wissen wir, worauf es ankommt. Dazu gehören viele kleine Details. Wir rüsten die Wagen beispielsweise mit Ablaufrinnen aus, isolieren die Bodenentleerung und sorgen für eine leicht demontierbare Isolierung an den verschraubten Sattelleisten, wo Tank und Untergestell miteinander verbunden sind." Die ausführenden Isoliermannschaften sind langjährig eingespielte Teams und wissen um diese Finessen. Grundsätzlich kann zwar jeder ausgebildete Isolierer eine Kesselwagenisolierung durchführen. "Aber der braucht dafür die zwei- bis dreifache Zeit", weiß Meyer aus Erfahrung. "Unsere sechs bis acht Mann starken Teams schaffen pro Tag einen Wagen." Der sei dann nicht nur in der technisches Ausführung perfekt, sondern lasse auch beim optischen Eindruck nichts zu wünschen übrig: "Der Kunde erwartet von seinem Kesselwagen nicht nur Funktionalität, sondern auch ein ansprechendes Äußeres. Schließlich fahren die Wagen quer durch Europa und repräsentieren dabei ihre Besitzer."