Produkte und Lösungen Feb 12, 2003 1:00 AM
30 Jahre Hochofen in Duisburg-Schwelgern - Vom schwarzen Riesen zum Hightech-Giganten
Am 13. Februar 1973 blies die August-Thyssen-Hütte (ATH) in Duisburg-Schwelgern den größten Hochofen der westlichen Welt an. Ein gigantisches Projekt: Auf 17,5 Hektar Land wurden 210.000 Kubikmeter Erde für die 110 Meter hohe Anlage, mit einem Gestelldurchmesser von 14 Metern und einem Ofenvolumen von 4.200 Kubikmetern, ausgehoben. Für Fundamente, Bühnen und Gebäude wurden 70.000 Kubikmeter Beton und 38.000 Tonnen Stahl benötigt. Zum Vergleich: Mit dieser Stahlmenge ließen sich fast vier Rheinbrücken bauen.
In drei Jahrzehnten hat der Hochofen Schwelgern 1 mehr als 83 Millionen Tonnen Roheisen erzeugt. Zu Stahlblechen in mittlerer Abmessung umgewandelt entspricht das einer Fläche von 2.300 Quadratkilometern oder der zehnfachen Größe des Duisburger Stadtgebiets.
Tag für Tag verarbeitet der Hochofen Schwelgern 1 rund 20 Güterzüge à 20 Waggons mit Erz, Sinter, Koks und Kohle. Täglich produziert er 10.000 Tonnen Roheisen, doppelt so viel wie der damals modernste Hochofen. Der Grund für den Bau des überdimensionalen Stahlriesen war die wachsende Nachfrage nach Stahl Ende der 60er Jahre. Für den Neubau, der einen Teil der damals in Hamborn betriebenen neun Hochöfen ersetzte, kam nur der Standort Schwelgern in Frage, weil durch die direkte Anbindung an den Rhein die Rohstofflogistik verbessert wurde. Mit Inbetriebnahme des Hochofens Schwelgern 1 stieß die August-Thyssen-Hütte in Dimensionen vor, die ihr bis dato unbekannt waren. Zwei Hochofengebläse drücken jede Sekunde durch 40 Blasformen rund 100 Kubikmeter Wind in den Ofen. Knapp 100 Wasserpumpen sind zur Kühlung, zur Gasreinigung und zur Verwandlung der Hochofenschlacke in Granulat installiert. Das Wasser wird in geschlossenen Kreisläufen aufbereitet.
Gut 350 Millionen DM (175 Millionen Euros) investierte die August-Thyssen-Hütte vor 30 Jahren in die Anlage, allein 15 Prozent der Baukosten entfielen auf Einrichtungen für den Umweltschutz. Noch nie zuvor hatten ATH und Gewerbeaufsichtsamt strengere Maßstäbe angelegt als beim Bau dieses Kolosses am Schwelgernhafen; beispielhaft waren die Anlagen zur Entstaubung von Möllerung und Abstich, zur Gasreinigung, zur Wasseraufbereitung und für den Schallschutz.
Nach dem Anblasen häuften sich jedoch zunächst die Bürgerproteste wegen Lärmbelästigung. Vier Wochen nach Inbetriebnahme drohte deshalb sogar die Stilllegung. Die staatliche Gewerbeaufsicht monierte, die Auflagen seien nicht eingehalten worden. Gegen die Stilllegungsverfügung des Gewerbeaufsichtsamts legte das Unternehmen Widerspruch ein. Das Verfahren endete mit einem Vergleich: Der Hochofen durfte weiter Roheisen produzieren, die August-Thyssen-Hütte musste allerdings innerhalb von eineinhalb Monaten den Geräuschpegel erheblich senken. Der Mythos des Schwarzen Riesen war geboren. Nach umfangreichen Maßnahmen flüsterte der Hochofen ein Jahr später nur noch, und auch die Staubbelastung nahm merklich ab.
Diese Anfangsschwierigkeiten sind in Duisburg fast in Vergessenheit geraten. Der Hochofen gehört mit der 1993 errichteten zweiten Anlage vielmehr zum Stadtbild von Marxloh und Walsum und zählt immer noch zu den leistungsfähigsten und modernsten der Welt. 1996 wurde er gründlich modernisiert - Neuzustellung heißt es im Fachjargon. 85 Tage lang machte der Stahlriese Urlaub nach einer insgesamt zehnjährigen Ofenreise - so heißt die Produktionszeit zwischen den Neuzustellungen -, um wieder fit für die nächste Etappe zu werden. Vieles wurde bei der Großinspektion erneuert: von den Winderhitzern und Chargiereinrichtungen über die Kühlung bis hin zu dicken und dünnen Rohrleitungen. Wo sonst Temperaturen bis zu 2.000 Grad Celsius herrschen, waren Maurer am Werk, die die verschlissene Feuerfest-Ausmauerung ersetzten. Insgesamt 450.000 Steine wurden ausgetauscht. Auch die zentrale Messwarte wurde auf den neuesten Stand der Technik gebracht. Aus dem Leitstand werden beide Hochöfen in Schwelgern gesteuert und jederzeit können hier alle Vorgänge des Ofens abgefragt und beeinflusst werden.
In 30 Jahren hat die heutige ThyssenKrupp Stahl AG Millionenbeträge in die Verbesserung des Umweltschutzes allein am Hochofen Schwelgern 1 investiert: So konzentrierte man sich bei den Neuzustellungen in Sachen Umweltschutz auf die Entstaubungsanlagen an der Koksentladung und an den Möllerbunkern. Mit dem Erfolg, dass heute deutlich weniger Staubemissionen auftreten. Weiterer Schwerpunkt der Investitionen: die Einhausung der Koksförderstrecke, um Staubemissionen zu vermeiden. Darüber hinaus wurden Filtereinbauten in Gießhallen- und Möllerentstaubung erneuert. Einsparpotenziale beim Energieverbrauch werden durch komplexe Rückgewinnungssysteme ermöglicht. So werden beispielsweise die Brennmedien der Winderhitzer mit der Abwärme eines Sinterkühlers vorgewärmt, und im Übrigen: Mit der im Abgas der Winderhitzer enthaltenen Restwärme heizt ThyssenKrupp Stahl seit 1973 rund 5.000 Wohnungen über das Fernwärmenetz.
Zur weiteren Verbesserung der Umweltsituation ist die Errichtung einer neuen Filteranlage zur Entstaubung von Gießhalle und Möllerung geplant. Dieser Neubau ist Teil des umfassenden Staubminderungsprogramms, das ThyssenKrupp Stahl im April 2001 mit dem NRW-Umweltministerium vereinbart hat und der im kommenden Jahr in Betrieb gehen wird. Der Hochofen Schwelgern 1 bietet heute rund 560 Arbeitsplätze für Mitarbeiter der ThyssenKrupp Stahl AG, hinzu kommen 130 bei Fremdfirmen für Dienstleistungen im Umfeld.
Kontakt:
Erwin Schneider
Tel.: +49 203 / 52 - 2 56 90
Fax: +49 203 / 52 - 2 57 07
e-mail: erwin.schneider@tks.thyssenkrupp.com
Dietmar Stamm
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