Prognose 2021/2022
Prognose 2021 / 2022 angepasst
Gesamtaussage und wesentliche Annahmen
Zu wesentlichen Annahmen und erwarteten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen vgl. Prognosekapitel sowie Abschnitt „Makro- und Branchenumfeld“ im Wirtschaftsbericht des Geschäftsberichts 2020 / 2021 und des vorliegenden Zwischenlageberichts. Die entsprechenden Chancen und Risiken im anschließenden „Chancen- und Risikobericht“.
Auf dem Weg zu einer leistungsstarken und nachhaltigen Unternehmensgruppe wird die Umsetzung der Neuausrichtung weiter vorangetrieben. Mit der Definition des Ziel-Portfolios im Mai 2020 wurde ein klarer Fokus auf industrielles Portfolio und Geschäftsmodelle, Entwicklungspotential, wettbewerbsfähige Profitabilität und Cashflow der Geschäfte gelegt.
Vor diesem Hintergrund werden wir im Geschäftsjahr 2021 / 2022 den Schwerpunkt, trotz signifikant erhöhter geopolitischer und wirtschaftlicher Unsicherheiten der Rahmenbedingungen, weiterhin auf die Performance, strukturelle Verbesserung und Weiterentwicklung unserer Geschäfte legen, aber auch gezielt Wachstumsinitiativen weiter fortsetzen. Alle mittelfristigen Ziele sind konsequent mit konkreten Maßnahmenplänen hinterlegt.
Die Verkaufsprozesse des Infrastructure-Geschäfts und des Edelstahlgeschäfts konnten wir Ende November 2021 bzw. Ende Januar 2022 abschließen. Zudem erwarten wir – vorwiegend abhängig vom Zeitpunkt der Zustimmung aller relevanten Wettbewerbsbehörden – für das Mining-Geschäft aus dem Segment Multi Tracks, für das wir bereits ein Signing zum Verkauf erreicht haben, den vollständigen Abschluss der Transaktion. Weitere „best & fair owner“ Konzepte werden wir ebenfalls in Richtung eines Abschlusses entwickeln. Für die Weiterentwicklung des Wasserstoffgeschäfts ist der Börsengang weiterhin die präferierte Wahl.
Im März 2022 wurde die Prognose für das laufende Geschäftsjahr hinsichtlich Free Cashflow vor M & A aufgrund der aktuellen geopolitischen und wirtschaftlichen Verwerfungen ausgesetzt. Der konkrete Umfang der direkten und indirekten Folgen des Kriegs in der Ukraine auf die Geschäftsentwicklung von thyssenkrupp, wie beispielsweise steigende und teilweise stark schwankende Rohstoffpreise sowie ein hoch volatiles Abrufverhalten der Kunden aus dem Automobilsektor, ist aus heutiger Sicht weiterhin mit hohen Unsicherheiten verbunden. Zugleich lassen die geopolitischen und wirtschaftlichen Verwerfungen teilweise nur eine eingeschränkte Abschätzung möglicher Effekte und Risiken zu und schränken damit die Prognosefähigkeit, insbesondere bezüglich der Entwicklung des Nettoumlaufvermögens und damit einhergehend hinsichtlich Free Cashflow vor M & A, entsprechend ein.
Sowohl in Bezug auf die Entwicklung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen unserer Geschäfte als auch auf die zugrundeliegenden Planprämissen der Prognose 2021 / 2022 bestehen teils erhebliche Unsicherheiten u.a. aus:
der Ungewissheit über die weitere Entwicklung – inkl. der direkten und indirekten Folgen – des Kriegs in der Ukraine sowie der daraus resultierenden handelspolitischen Konflikte und Einschränkungen
der weiterhin notwendigen fortlaufenden Versorgung mit fossilen Energieträgern (insbesondere Erdgas) und Rohstoffen insbesondere für die Stahlproduktion
der Volatilität – auch kurzfristige, teilweise extreme und kaum vorhersehbare Schwankungen – und weiteren Entwicklung der Rohstoffpreise und Faktorkosten (u. a. Energie-, Material- und Frachtkosten)
der anhaltend angespannten Situation des globalen Beschaffungsmarktes sowie Lieferengpässen bei Vorprodukten in der Industrie (u.a. Halbleiter und Kabelbäume), die verstärkt wachstumsbremsend wirken könnten
der Unklarheit über den weiteren Verlauf der Corona-Pandemie inkl. etwaiger neuerlicher Lockdown-Maßnahmen, insbesondere in China und dem gesamten asiatischen Raum
dem möglichen nachlassenden Wachstum der chinesischen Wirtschaft als wichtigem Faktor für die weltweite Konjunkturdynamik und als bedeutender Absatzmarkt
Erwartung 2021 / 2022
Der Prognose liegen die im Wirtschaftsbericht im Abschnitt „Makro- und Branchenumfeld“ angegebenen Marktprognosen und beschriebenen Chancen und Risiken zugrunde. Das Wachstum des BIPs für 2022 in den für uns u.a. wichtigen Regionen Deutschland, USA und China wird bei 2,0 %, 3,3 % bzw. 4,5 % erwartet.
Darüber hinaus liegt der Prognose 2021 / 2022 insbesondere die Annahme zugrunde, dass notwendige fossile Energieträger (insbesondere Erdgas) und Rohstoffe weiterhin uneingeschränkt verfügbar sind. Ferner wird unterstellt, dass sich die Preisniveaus für Rohstoffe und Energie für das restliche Geschäftsjahr auf den insgesamt im Durchschnitt beobachtbaren Niveaus des 2. Quartals bewegen.
Die im Geschäftsjahr 2020 / 2021 im Segment Multi Tracks eingeleiteten Verkaufsprozesse hinsichtlich der Anlagenbaugeschäfte des Bereichs Mining, Infrastructure und des Edelstahlgeschäfts erfüllten im 4. Quartal des Geschäftsjahres 2020 / 2021 die Kriterien von IFRS 5 für einen Ausweis dieser Aktivitäten als Veräußerungsgruppen. Da die Verkaufsprozesse des Infrastructure-Geschäfts und des Edelstahlgeschäfts Ende November 2021 bzw. Ende Januar 2022 abgeschlossen wurden, sind diese Geschäfte für das verbleibende Geschäftsjahr nicht mehr Bestandteil der Prognose und werden nachfolgend als „verkaufte Veräußerungsgruppen“ bezeichnet. Die Referenzwerte des Vorjahres bleiben dabei unverändert. Bei Umsatz und Bereinigtes EBIT des Segment Multi-Tracks und der Gruppe werden die Vorjahreswerte für die verkauften Veräußerungsgruppen nachfolgend pro-forma angegeben.
Die Prognose unterstellt keine Effekte aus weiteren möglichen Portfoliomaßnahmen.
Vor dem Hintergrund der erwarteten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und zugrundeliegenden Annahmen, der weiter erwarteten strukturellen Verbesserung unserer Geschäfte sowie der aktuell erhöhten Unsicherheiten halten wir folgenden Blick auf das Geschäftsjahr 2021 / 2022 für angemessen:
Der Umsatz wird voraussichtlich deutlich über Vorjahr liegen und im niedrigen zweistelligen Prozentbereich wachsen (Vorjahr: 34 Mrd €, davon verkaufte Veräußerungsgruppen: pro-forma 2,2 Mrd €).
Für das Bereinigte EBIT erwarten wir unter Berücksichtigung der vorstehend beschriebenen Unsicherheiten eine deutliche Verbesserung auf einen Wert von mindestens 2,0 Mrd € (Vorjahr: 796 Mio €, davon verkaufte Veräußerungsgruppen: pro-forma 61 Mio €). Diese Entwicklung folgt im Wesentlichen der signifikanten Ergebnisverbesserung bei Steel Europe sowie bei Material Services, einem signifikant verringerten Verlust bei Multi Tracks sowie gegenläufig aus aktuell niedrigeren Ergebnisbeiträgen der Komponentengeschäfte. Dabei können Belastungen in den Komponentengeschäften aus der Lieferkettenproblematik – teilweise sowohl durch den Krieg in der Ukraine als auch durch die neuerlichen Lockdown-Maßnahmen in China und dem asiatischen Raum zusätzlich verschärft – sowie weiter steigende Faktorkosten nicht vollständig durch Effizienzmaßnahmen und Kostenweitergaben kompensiert werden.
Bei Materials Services erwarten wir eine Mengenentwicklung unter Vorjahresniveau. Durch weiterhin unterstützende Effekte aus der dynamischen Preisentwicklung gehen wir von einem Bereinigten EBIT von bis zu 1,0 Mrd € aus (Vorjahr: 587 Mio €).
Bei Industrial Components erwarten wir insgesamt einen Umsatz in etwa auf Vorjahresniveau und ein rückläufiges Bereinigtes EBIT, insbesondere aufgrund höherer Faktorkosten, auf einen Wert im niedrigen dreistelligen Millionen-€-Bereich (Vorjahr, Umsatz: 2,5 Mrd €, Bereinigtes EBIT: 322 Mio €). Dabei wird eine temporäre regionale Abschwächung der Windenergienachfrage insbesondere aufgrund der durch Subventionen in China bereits erfolgten Vorzieheffekte erwartet. Im Schmiedegeschäft erwarten wir bei Pkw/Lkw-Komponenten Belastungen aus den anhaltenden Engpässen in der Lieferkette bei den Kunden.
Bei Automotive Technology erwarten wir einen weitgehend stabilen Umsatz (Vorjahr: 4,5 Mrd €). Dieser ist jedoch – insbesondere vor dem Hintergrund der aktuell erhöhten Unsicherheiten – abhängig von der Entwicklung der geplanten Abrufe der Kunden infolge anhaltender Engpässe in der Lieferkette. Das Bereinigte EBIT erwarten wir deutlich unter Vorjahr (Vorjahr: 264 Mio €), auch infolge der zuletzt stark gestiegenen Faktorkosten, die durch fortgesetzte Effizienzmaßnahmen nicht vollständig kompensiert werden können.
Bei Steel Europe erwarten wir aufgrund einer deutlichen Margenerhöhung bei einer stabilen Mengenentwicklung sowie struktureller Verbesserungen infolge der Umsetzung der Stahlstrategie 20-30 einen signifikanten Anstieg des Bereinigten EBIT um einen Betrag von mindestens 1,0 Mrd €. Diese Entwicklung ist insbesondere abhängig vom weiteren Verlauf der Lieferkettenproblematik und sich daraus ergebenden Versandmengen sowie der weiteren Entwicklung der Rohstoffpreise und Energiekosten (Vorjahr Bereinigtes EBIT: 116 Mio €).
Bei Marine Systems erwarten wir, bei einer leicht verbesserten Umsatzentwicklung, ein leicht gesteigertes Bereinigtes EBIT (Vorjahr, Umsatz: 2,0 Mrd €, Bereinigtes EBIT: 26 Mio €), auch unterstützt durch Verbesserungen in der Projektabwicklung.
Für die unter Multi Tracks zusammengefassten Geschäfte erwarten wir nach dem Verkauf des Infrastructure-Geschäfts und des Edelstahlgeschäfts insgesamt eine deutlich rückläufige Umsatzentwicklung (Vorjahr: 5,7 Mrd €, davon verkaufte Veräußerungsgruppen: pro-forma 2,2 Mrd €) bei gleichzeitig signifikanter Verbesserung des Bereinigten EBIT (Vorjahr: Bereinigtes EBIT –298 Mio €, davon verkaufte Veräußerungsgruppen: pro-forma 61 Mio €). Hierzu sollen im Wesentlichen die Schließung des Grobblechwerkes, die verbesserte Projektabwicklung im Anlagenbau und die laufenden Restrukturierungsmaßnahmen beitragen.
Für Corporate Headquarters rechnen wir im Geschäftsjahr mit einem Bereinigten EBIT leicht über Vorjahresniveau (Vorjahr: Bereinigtes EBIT –194 Mio €).
Die Investitionen werden voraussichtlich deutlich unter Vorjahr liegen (Vorjahr: 1.630 Mio €). Die Freigabe der Investitionen wird dabei, insbesondere infolge der aktuell erhöhten Unsicherheiten, restriktiv und in Abhängigkeit der Entwicklung der Geschäfte erfolgen. Fokus der Investitionen bei Steel Europe stehen im Zusammenhang mit der Stahlstrategie 20-30. In den übrigen Geschäften werden weiterhin Investitionen für gezielte Wachstumsinitiativen getätigt.
Beim Free Cashflow vor M & A erwarten wir eine signifikante Verbesserung gegenüber dem Vorjahr. Unter Berücksichtigung der vorstehend genannten Annahmen (u.a. bezüglich der Verfügbarkeit von fossilen Energieträgern sowie den Preisniveaus für Rohstoffe und Energie) und der aktuell erhöhten geopolitischen und wirtschaftlichen Verwerfungen – und damit einhergehend eingeschränkten Prognosefähigkeit – gehen wir für das aktuelle Geschäftsjahr von einem negativen Wert im mittleren dreistelligen Millionen-€-Bereich aus (Vorjahr: –1,3 Mrd €). Die Verbesserung resultiert im Wesentlichen aus der Steigerung des Bereinigten EBIT. Gegenläufig wirkt ein insbesondere preisbedingt getriebener temporärer Aufbau des Nettoumlaufvermögens sowie weitere Auszahlungen für Restrukturierungen. Zudem können Zuflüsse aus dem Auftragseingang und dem Zahlungsprofil in den Projektgeschäften (i. W. bei Marine Systems und Multi Tracks) die Entwicklung beeinflussen. In Anbetracht der aktuell hohen Volatilität, sowohl in Bezug auf Rohstoff- und Energiepreise als auch hinsichtlich des Abrufverhaltens der Kunden aus dem Automobilsektor, schließen wir nicht aus, die avisierte Bandbreite im Verlauf des Geschäftsjahres entsprechend weiter anzupassen.
Wir erwarten einen Jahresüberschuss von mindestens 1,0 Mrd € (Vorjahr: –25 Mio €).
Der tkVA wird infolge der vorstehend beschriebenen Effekte über Vorjahr und signifikant positiv erwartet (Vorjahr: –622 Mio €).
Die Entwicklung unserer Kernsteuerungsgrößen werden wir – auch unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Vertretbarkeit – bei der Erarbeitung unseres Dividendenvorschlags an die Hauptversammlung einbeziehen.
Quelle: thyssenkrupp Zwischenbericht 1. Halbjahr 2021/2022, S. 35-38